Ausländer sollen mitbestimmen dürfen

Der Stadtrat befürwortet eine Initiative, die ein kommunales Stimm- und Wahlrecht für Ausländerinnen und Ausländer will. Linke Parteien begrüssen den Schritt – die Ratsrechte ist dagegen.

Text: Nina Thöny, Foto: Dominique Meienberg

Der Stadtrat Winterthur unterstützt das Vorhaben, wonach Ausländerinnen und Ausländer auf Gemeindeebene abstimmen und wählen dürfen sollen. Stadtpräsident Michael Künzle (CVP) hatte sich im Januar gegen die Initiative ausgesprochen. Nun haben ihn seine Kolleginnen und Kollegen überstimmt. In einer Interpellationsantwort an den Gemeinderat argumentiert der Stadtrat, ein Mitspracherecht fördere die Integration der ausländischen Bevölkerung und führe zu breiter abgestützten Entscheidungen.

SP, Grüne und Grünliberale stützen diese Haltung. Renate Dürr, Co-Präsidentin der Grünen, sagt etwa: «Leute, die hier leben, arbeiten und Steuern zahlen, sollen auch ein Mitspracherecht haben.» Die GLP sieht laut Fraktionspräsidentin Annetta Steiner im Stimm- und Wahlrecht eine grosse Chance, «dass sich Ausländerinnen und Ausländer stärker mit der Gemeinschaft identifizieren, in der sie schon jahrelang leben». Und SP-Co-Präsident Markus Steiner sagt: «Uns ist wichtig, dass die Leute schon vor der Einbürgerung am politischen Leben teilnehmen können.»

Bürgerliche dagegen…

Anders sieht das die SVP. Präsidentin Maria Wegelin sagt: «Sind Leute nicht bereit, sich einbürgern zu lassen, sollen sie auch nicht mitreden können.» Sie frage sich, ob die Stadt nach Annahme der Initiative nach dem Abfallleitfaden auch das Abstimmungsbüchlein auf 15 verschiedene Sprachen übersetzen müsse. Ebenfalls gegen das Ausländerstimmrecht ist CVP-Präsident André Zuraikat, äussert sich allerdings konzilianter. «Für mich ist die Einbürgerung der letzte Schritt zur vollumfänglichen Integration.» Er befürchte, dass die Initiative die Einbürgerung weniger attraktiv machen könnte.

Die FDP sieht den Weg zum Stimm- und Wahlrecht gemäss Vizepräsident Urs Bänziger ebenfalls über die Einbürgerung. Wichtig sei, dass dort einheitliche Kriterien gelten würden.

… EVP unentschlossen

Die Interpellation im Grossen Gemeinderat haben auch alle vier Mitglieder der EVP unterzeichnet. Co-Präsidentin und Kantonsrätin Barbara Günthard Fitze sagt: «Wenn die Initiative zur Abstimmung kommt, wird es bei uns grössere Diskussionen geben.» Bisher habe die EVP die Haltung vertreten, dass sich die Ausländer einbürgern lassen sollen und man dafür die Hürden beim Einbürgerungsverfahren senken solle.


*Dieser Artikel wurde am 13. Juli 2020 auf www.landbote.ch publiziert.

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