Die Kartons stapeln sich bis unter die Decke

Dieci Winterthur macht seit Anfang der Pandemie 20 bis 30 Prozent mehr Umsatz. Weil Sammelbestellungen wegfallen, ist der Aufwand aber deutlich grösser.

Text: Nina Thöny, Fotos: Enzo Lopardo

Samstagabend, 18 Uhr. Fünf schwarze Fiat Panda parken vor der Dieci-Filiale an der St. Gallerstrasse. «Pizzaiolo gesucht», prangt auf dem einen. Drinnen ist die Sitzfläche leergeräumt. An der Wand stapeln sich Hunderte leere Kartonschachteln, alle vorgefaltet. Hinter der Theke steht Filialleiter Fatmir Veseli. Er sagt: «Im Moment ist es noch ziemlich ruhig.»

Ruhig ist es seit Beginn der Pandemie beim Pizzakurier aber selten. Vor Corona hätten sich die Bestellungen aufs Wochenende konzentriert, sagt Veseli. «Jetzt bestellen die Leute auch unter der Woche viel.» Die stärksten Tage seien aber noch immer Freitag und Sonntag. Dann verkauften sie aktuell rund 1000 Pizzas. Das Telefon klingelt, Veseli klemmt sich den Hörer zwischen Ohr und Schulter: «Dieci Pizza, guten Abend, buongiorno!»

Fatmir Veseli leitet die Filiale in Winterthur. An diesem Abend nimmt er Bestellungen entgegen.

Im Ofen ist es 350 Grad

Links neben der Theke liegt die Küche. In der hinteren Ecke steht eine Frau, ihr Haar hat sie zusammengebunden. Sie greift eine Teigkugel nach der anderen, formt sie mit kreisenden Bewegungen zu einem flachen Teig, hebt diesen hoch und zieht ihn mit den Fingern weiter auseinander.

Den Pizzateig stellt Dieci selber her. 48 Stunden lang ruht er, bevor ihn wie hier eine Angestellte formt.

Den Teig stellen die Pizzaioli selber her. 48 Stunden lang ruht er. Drei Männer belegen die nackten Pizzaböden. Zuerst schöpft der eine Tomatensugo drauf und verteilt ihn mit dem Rücken der Kelle. Dann streuen die anderen Pizzaioli die jeweiligen Zutaten drüber. Bei der Pizza Tonno etwa Mozzarella, Thon und Kapern.

Ein junger Mann mit feiner goldener Brille fährt mit der Pizzaschaufel unter die belegten Pizzas und befördert sie in den Ofen. Zack, zack, zack. 350 Grad gibt die Anzeige an. Um an die oberste von drei Klappen zu gelangen, steigt der Mann auf einen Schemmel. Drei bis vier Minuten brutzelt eine Pizza in der Hitze, dann stösst der Mann wieder die Schaufel drunter und platziert sie in einem Karton.

Sechs zusätzliche Fahrer

Zu Beginn des ersten Lockdown hätten die Bestellungen angezogen und seien seither auf hohem Niveau geblieben, sagt Veseli. 20 bis 30 Prozent mehr Umsatz machten sie im Vergleich zu früher.

«Im ersten Lockdown wurden wir regelrecht überrannt.»

Fatmir Veseli, Filialleiter Dieci Winterthur

Dieses Mal hätten sie sich vorbereiten können. Sechs zusätzliche Fahrer habe er eingestellt und ebenso viele neue Autos bestellt. Jetzt liefern sie mit 19 Fiat Panda und zwei Rollern aus.

Unter dem Strich bleibe aber ähnlich viel Geld in der Kasse wie früher. Denn der Umsatz ist zwar gestiegen, der Aufwand aber ebenso. Vor der Pandemie bestellten Büros über Mittag 10, 20, manchmal 50 Pizzas aufs Mal. Diese Sammelbestellungen fallen nun weg. «Wir müssen also mehr Fahrten, Benzin und Kuriere finanzieren.» Er habe viele Gastronomen als Kollegen und wisse, wie schwierig ihre Situation sei. «Ich bin deshalb einfach nur froh, dass wir arbeiten dürfen.»

«Senza Oregano»

In der Küche ist es überraschend ruhig. Trotz der Hektik. Von der Ladenfläche her klingt leise das Radio. Es wird wenig geredet, nur kurze Absprachen: «Hast du noch eine Margherita im Ofen?» Oder: «Senza Oregano.» Alle Angestellten halten sich an die Vorschriften, tragen Masken mit Dieci-Logo. Die Kuriere warten draussen vor der Schiebetür auf die nächste Bestellung. Betreten sie die Zentrale, desinfizieren sie zuerst die Hände, bevor sie einen Stapel Kartons greifen.

Die Kuriere kommen nur ganz kurz in die Filiale, um ihre Bestellungen zu holen.

Fast alle Kundinnen und Kunden lassen sich an diesem Abend ihre Pizzas vor die Haustür liefern. Nur vereinzelt holen sie ihre Kartons in der Filiale ab. Dennis Briner und Dominik Maglia sind die Einzigen, die vor Ort bestellen: eine Pizza Verde «mit extra Mascarpone» und eine Quattro Formaggi. «Wir hatten keine Lust zum Kochen», sagt Maglia. Generell bestelle er im Lockdown ein bisschen mehr Essen nach Hause, «aber immer noch sehr selten, vielleicht einmal im Monat.» Briner sagt, er koche im Gegenteil fast mehr. Die angekündigte Viertelstunde ist noch nicht um, als der Filialleiter Maglia zwei Kartons hinhält. «Schon fertig!» Für die Pizzaioli und Kuriere dauert der Abend noch bis 23 Uhr. Bis dann werden sie rund 900 Pizzas verkauft haben.


*Dieser Artikel wurde am 1. Februar 2021 auf www.landbote.ch publiziert.

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